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Es klingt vielleicht merkwürdig, dies von einem Trainer für Gewaltfreie Kommunikation zu  lesen – aber leider stimmt es: Sie lernen Gewaltfreie Kommunikation nicht, indem Sie sich in ein Seminar setzten und zuhören, ein Buch lesen, Marshall Rosenberg auf CD hören oder sich jeden Tag GFK-Sprüche per App aufs Handy holen. Um einen Buchtitel zu zitieren: Es schadet nicht, hilft aber auch wenig.

Gewaltfreie Kommunikation zu lernen bedeutet, das eigene Bewusstsein zu schulen

Damit meine ich zum einen, immer mehr und genauer wahrzunehmen, was in einem vorgeht, also differenzierter und umfassender zu merken, welche Gedanken und Gefühle in einem so rumschwirren. Und zum anderen die Erweiterung der Bewusstheit für Gefühle und Bedürfnisse anderer Menschen, also mehr Offenheit, Mitgefühl und Empathie.

Nachdenken reicht nicht – Entwicklung geht nur durch ent-wickeln

Die Entwicklung der inneren Fähigkeiten, die wir „Gewaltfreie Kommunikation lernen“ nennen, lässt sich nur sehr eingeschränkt durch Zuhören, Lesen oder darüber Nachdenken entwickeln. Dies bleibt auf einer emotional relativ unbeteiligen Ebene und das ist auch gut so, denn wer kann schon vernünftig nachdenken, wenn man aufgeregt oder traurig ist? Die Hindernisse auf dem Weg zu einer gewaltfreien  Haltung lassen sich jedoch durch Nachdenken allein nicht ausräumen, sondern brauchen eine emotionale Beteiligung, um verarbeitet und verändert zu werden. In den Worten des Bremer Hirnforschers Prof. Roth:

Das emotionale Erfahrungsgedächtnis hat das erste und das letzte Wort, nämlich beim Entstehen unserer Wünsche und Handlungsabsichten und bei der Letztentscheidung über die Realisierung dieser Wünsche und Absichten. (link)

Ein Beispiel, dass sich beliebig auf andere Situationen übertragen lässt: Eine Teilnehmerin war mit dem Führungsstil ihrer Vorgesetzten sehr unzufrieden. Sie wurde nicht ernst genommen, immer wieder mit Projekten überladen, die nicht zu ihrem Arbeitsbereich gehörten etc. Diese Teilnehmerin hat schon viele Änderungsstrategien ausprobiert. An diesem Thema arbeiten wir mit Empathie-Sitzungen im Sinne der Gewaltfreien Kommunikation. Dabei erforschte bzw. „durchspürte“ die Teilnehmerin ihre Situation auf Gefühls- und Bedürfnissebene  immer wieder Szenen aus ihrer Kindheit und dabei besonders Erlebnisse mit ihrem Vater. Diese „nachgefühlten“ Erfahrungen waren meist traurig und schmerzlich für die Teilnehmerin, und genau dieses emotionale Nacherleben ist unerlässlich für die Veränderung der inneren Prozesse.

Bewusstes Erleben verändert die Wahrnehmung, die Haltung und das Verhalten

Wir verbinden in den Empathieprozessen die (meist unangenehmen) Gefühle mit den darunter liegenden Bedürfnissen, wie Geborgenheit, Schutz, Vertrauen etc. und betrauern deren Unerfülltheit. Dieses Trauern führt dazu, dass der Organismus diese schmerzliche Erfahrung langsam verarbeiten und loslassen kann. Auch die Teilnehmerin berichtet dann später mit viel Freude, dass sich ihr emotionales Gefühl der Vorgesetzten gegenüber grundsätzlich geändert hat. Das Gefühl von Hilflosigkeit und Überforderung viel weniger beherrschend. Die Unzufriedenheit mit bestimmten Themen war noch da, diese konnte die Teilnehmerin dann mit ihrer Vorgesetzten ruhiger ansprechen, was zur Verbesserung ihrer Situation führte.

Dieses Beispiel lässt sich auf viele andere Situationen übertragen. Immer wenn wir im Gespräch „aus unserer Klarheit“ fallen, spielen sehr wahrscheinlich unbewusste emotionale Prozesse hinein, die sich dann in unangenehmen Gefühlen bemerkbar machen. Wir nennen dies die „Empathie-Lücken“. Im wesentlichen haben sich zwei  Quellen dieser emotionalen „Torpedos“ herauskristallisiert.

Die beiden typischen „Empathielücken“

1. Unverarbeitete emotionale Erfahrungen (meist aus der Kindheit)

2. Unbewusste emotionale Denkmuster = Glaubenssätze, die mich steuern (bspw. „Ich werde nur geliebt, wenn ich keine Probleme mache“)

Die Empathie-Arbeit an diesen beiden Themenbereichen ist der Schwerpunkt in unseren Ausbildungen, weil dies der schnellste Weg zu einer gewaltfrei(eren) Haltung ist, die nicht nur oberflächlich in „netten“ Worten, sondern tief innerlich verankert ist. Gewaltfreie Kommunikation lernt man nur durch dieses aktive, emotionale Ent-wickeln der inneren Verwicklungen, um wieder einen klaren Blick zu bekommen und um freier zu werden im Verhalten – Zuschauen, Zuhören oder Lesen bringen da leider wenig.

Was sind Ihre Erfahrungen mit diesen Empathie-Prozessen und dem Erlernen der Gewaltfreien Kommunikation? Wir freuen uns über Fragen und Rückmeldungen.

Bildquellenangabe: Gerd Altmann  / pixelio.de

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